Bananen statt Schnee
Nach dem Grenzübertritt geht es nur noch bergab - topografisch auf jeden Fall. Während Tibets Hochgebirgslandschaft karg und trocken war, ist es in Nepal grün und warm. Nach ausgedehnten Nadelwäldern wird es schnell subtropisch und wir staunen nicht schlecht, als plötzlich Bananen- und Papayabäume die Strassenränder säumen. Die gut ausgebaute chinesische Strasse weicht nach der Grenze einer holprigen Schotterpiste und der Verkehr wird lauter und bunter. Alte, farbig bemalte Lastwagen schlängeln sich qualmend und hupend durch die kurvigen Bergstrassen. Die Menschen erinnern mit ihrer Kleidung und der Tika (roter Punkt) auf der Stirn stark an Indien. Haben wir etwa ein Land übersprungen? Bald müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellungen über Nepal wohl nicht ganz mit der Realität übereinstimmen. Da wir im Vorfeld nur wenig Zeit hatten, uns mit diesem Land zu befassen, kamen wir mit der naiven Idee, dass Nepal mit seinen bekannten 8000ern ein Bergland sei. Der Jahreszeit entsprechend haben wir zumindest in gewissen Regionen Schnee erwartet und uns (vor allem Janosch!) darauf gefreut, hier ein paar tolle Skitouren zu machen. Doch dem war nicht so. Der Schnee ist nur in extremen Höhen zu finden und Skitouren mit riesigem Aufwand verbunden. Wir lernen, dass Nepal unglaublich divers ist und dank verschiedenen Klimazonen Hochgebirgslandschaften mit Schneeleoparden, aber auch subtropische Wälder mit Panzernashörnern umfasst.
Da wir in China einen Monat lang von einem Guide begleitet wurden, freuen wir uns auf die neue alte Freiheit in Nepal. Wir sind erschöpft vom durchgetakteten Programm der letzten Wochen und möchten uns an einem Fluss im Langtang-Nationalpark ein paar Tage erholen. Bald ist der 2. Advent und wir versuchen, fernab von Zuhause etwas Weihnachtsstimmung zu generieren. Voller Enthusiasmus backen wir Grittibänze und Guetzli, zünden eine tibetische Butterlampe an und hören dazu Weihnachtslieder. Die Mailänderli sind sehr lecker und in kürzester Zeit gegessen 😋
Erholt fahren wir weiter nach Kathmandu und tauchen ein ins Getümmel von Nepals Hauptstadt. Die Strassen sind laut, überfüllt und stressig. Es wuselt nur so von Mopeds, die einen immer und überall in den gefährlichsten Momenten überholen können. Mit unserem Büssli durch die teils engen Gassen zu navigieren ist anspruchsvoll und wir sind froh, am Ende des Tages niemanden überfahren zu haben. Von der auf einem Hügel gelegenen Swayambhunath-Stupa aus erhalten wir einen guten Überblick über die 2.9 Millionen-Metropole. Die sich eigentlich im Hintergrund erstreckende Himalaya-Kette bleibt hinter der dicken Smog-Glocke verborgen.
Während wir in China kaum andere Europäer angetroffen haben, wuselt es im Thamel, einem Kultquartier Kathmandus, nur so von Touristen. Althippies, aber auch Trekker scheinen von diesem Land gleichermassen angezogen zu werden. Zu Fuss machen wir uns auf Entdeckungstour und tauchen ein in eine lebhafte Stadt mit langer Geschichte, prunkvollen Tempel und Palästen. Im Kathmandutal gab es drei verschiedene Königreiche, die mittlerweile zu einer Stadt, Kathmandu, zusammengewachsen sind. So gibt es drei verschiedene Altstädte mit ihrem jeweiligen Durbar-Square und den typischen Newar-Häusern darum.