Odyssee!

Aserbaidschan •

Unser letzter Beitrag hat es angekündigt: In Mumbai wird das Büssli verladen und Richtung Europa verschifft. Das hört sich simpel an, und war auch so geplant. Bereits im Oktober haben wir von einer, bei Überlandreisenden bekannten, Agentur in Mumbai eine Offerte eingeholt. Die Firma ist geübt im Prozedere und nennt uns eine Transitzeit von Mumbai nach Griechenland von ca. 20 Tagen. Wir sollen uns 3 Wochen vor dem geplanten Verschiffungsdatum wieder melden - prima! So können wir auch noch ein paar Wochen im Süden Europas klettern bevor es nach Hause geht.

Doch plötzlich ist das Rote Meer in allen Schlagzeilen und es kursiert ein Video, das zeigt, wie Huthi-Rebellen ein Frachtschiff stürmen und entführen - schrecklich. Was unsere Verschiffung betrifft, machen wir uns zunächst keine Sorgen. Über die nächsten Wochen und Monate wird jedoch klar, dass die Situation zunehmend ausser Kontrolle gerät und die meisten Frachtschiffe nun den weiten Umweg rund um Afrika nehmen, anstatt durch das Rote Meer zu fahren. Die neue Transitdauer beträgt etwa 40 Tage und der Gesamtpreis ist etwa 2.5x so hoch.

Wir suchen nach Alternativen und haben eine Idee: Verschiffung von Mumbai in den Iran. Und von dort über Land nach Aserbaidschan, da uns die politische Lage im Iran aktuell zu heikel ist. Ein Transportunternehmen im Iran meint, sie können dies ohne Probleme erledigen, bei einer Transitdauer von 18-20 Tagen. Kosten soll es circa 20% mehr als der ursprüngliche Preis nach Griechenland. Wir lassen uns bestätigen, dass dies alle Kosten beinhaltet, inklusive Versicherung, und dass die Transitdauer realistisch ist. So überlegen wir nicht lange und entscheiden uns für diese Variante. Was nun folgt ist eine Odyssee nach Murphys Gesetz (“Anything that can go wrong will go wrong.”):

  • Als die finale Offerte eintrifft, ist der Preis nochmals circa 15% höher. Nicht toll, aber immer noch besser als die Alternative rund um Afrika.
  • Unser Container soll auf ein Schiff, das am 25. Februar ablegt. Wir warten tagelang vergebens in Mumbai, denn die Dokumente für den Zoll seien schwieriger zu erstellen als gedacht. Es wird schlussendlich das Schiff eine Woche später.
  • Kurz vor der Verschiffung wird klar, dass der Container auf dem Frachter doch nicht versichert werden kann. Iran sei ein sanktioniertes Land und eine Versicherung von Indien aus entsprechend unmöglich.
  • Für die Verzollung sollen wir eine Liste mit allen Inhalten im Büssli machen. So verschwenden wir 3h darauf, alle 276 Sachen aufzulisten. Die Liste wird schlussendlich nicht gebraucht, da es gebrauchte Sachen und keine Neuwaren sind. Dabei will der Zöllner wegen angeblich fehlenden Papieren nochmals 50 USD bar auf die Hand…
  • Das Geld für die Verschiffung wird von der empfangenden Bank in Dubai blockiert. Die Transportfirma muss Fragen zum Zweck des Geldes beantworten und ob es beispielsweise sanktionierte Staaten (wie den Iran) betrifft.
  • Kurz bevor das Schiff im Iran eintrifft, wird uns mitgeteilt, dass nun auch die iranische Versicherung abgelehnt hat. So ist unser Büssli komplett unversichert, auch was Diebstahl anbelangt
  • Das Verladen auf den LKW im iranischen Hafen dauert 8 Tage anstelle eines Tages.
  • Der LKW steht nochmals 7 Tage an der überfüllten iranisch-aserbaidschanischen Grenze - wegen Novruz, dem iranischen Neujahr. Informiert darüber wurden wir vorher natürlich nicht.
  • Endlich ist der Fahrer vorne an der Kolonne angekommen, da merkt der Zoll, dass sein Führerschein abgelaufen ist. Ein neuer Fahrer muss her, und dafür diverse Dokumente angepasst werden. Nochmals 9 Tage extra…

Wir empfangen das Büssli am 8. April statt am 10. März - nur 4 Wochen zu spät. Was für eine Odyssee!

Während die Kosten immer noch einiges tiefer sind als bei einer Verschiffung nach Griechenland, war die Dauer nun etwa gleich lang. Rechnet man die Emotionen, die ständige Ungewissheit und das unfreiwillige Ausharren in diversen Städten dazu, ist es wohl mindestens Gleichstand. Jetzt fragt man sich, ob dies nicht vermeidbar gewesen wäre? Sicherlich waren wir zu gutgläubig und hätten von Anfang an auf einen klaren Vertrag pochen sollen. Aufgrund des Zeitdrucks haben wir diesen erst verspätet erhalten. Was die Dauer angeht, mussten wir uns auf die Experten der Transportfirma verlassen. Leider waren sie wieder und wieder nicht ganz aufrichtig und haben Dinge verschönert. Dies haben wir nicht erwartet, ist doch ein Freund von uns mit einem Managing Director dieser Firma befreundet.

Unsererseits haben wir die Zeit vor allem am Strand in Goa genossen und nebenbei vielerlei Dinge erledigt: Hochzeitsplanung, Ideensammlung für den zukünftigen Hof, Ordnung in die Fotosammlung der letzten 15 Jahre bringen und so weiter. So geht es braungebrannt und gut gelaunt endlich nach Griechenland an die Kletterfelsen.

Da wir wieder in Europa sind, ist dies nun das Ende der eigentlichen Reise von der Schweiz nach Indien. Entsprechend wird es auch keine Blogbeiträge mehr geben und wir werden die letzten 2 Monate ganz ohne “Verpflichtungen” geniessen bevor wir nach Hause in die Schweiz kommen 😉 Vielen Dank für das Lesen und all die tollen Rückmeldungen, die uns immer sehr gefreut haben!