Saisonschluss

Kirgistan •

Kirgistan ist bekannt für seine Berglandschaft, weshalb wir diese gerne zu Fuss entdecken möchten. Wo aber geht man zu dieser Jahreszeit noch wandern? Schauen wir von Karakol her Richtung Tien Shan-Gebirge, sehen wir vor allem weiss glitzernde Berggipfel. Wir lesen von einer bekannten Dreitageswanderung zum Ala Kul-See. Im Sommer ist die Tour vielbegangen und der Weg gesäumt von mehreren Jurtencamps. Jetzt, Ende Oktober hat es keine Touristen mehr. Wie aber sind wohl die Verhältnisse? Vor allem der Passübergang auf knapp 4000 müM bereitet uns Sorgen. Die Stelle ist steil und das Lawinenrisiko bei viel Schnee nicht zu unterschätzen. Sollen wir es trotzdem wagen?

Wir entscheiden uns, die Lage vor Ort zu beurteilen und packen unsere Rucksäcke. Nach einem frühmorgendlichen Besuch des bekannten Tiermarktes in Karakol (einen Packesel für das Trekking haben wir leider nicht gefunden), fahren wir nach Ak Su, von wo wir ein weites Tal hochlaufen. Der erste Tag ist technisch anspruchslos, aber lang. Doch wir haben ein Ziel vor Augen: In Altyn Arashan soll es heisse Quellen geben! Versteckt im Fels finden wir tatsächlich eine solche Quelle und sitzen den restlichen Abend im 34°C warmen Naturpool. Welch wohliges Gefühl!

Erholt wandern wir am nächsten Tag weiter, verlassen das Tal und steigen Richtung Pass empor. Mit zunehmender Höhe kommt der Schnee und das Vorankommen wird immer schwieriger. Wie befürchtet, ist der Pass komplett eingeschneit. Sollen wir umkehren? Wir entscheiden uns, das steilste Stück in einer seitlichen Schutthalde hochzulaufen und erst dann in den bereits flacheren Schneehang zu queren. Der Plan funktioniert und erschöpft, aber überwältigt kommen wir auf dem Pass an. Unter uns schimmert der graublaue Ala Kul, rundherum weite weisse Berglandschaft. «Winter is coming!», ruft Janosch und lacht.

Die zweite Nacht verbringen wir im Schnee, frieren aber dank warmen Schlafsäcken kaum. Sorgen bereitet vielmehr das langsam zu Ende gehende Essen. Nadine wollte kein Gramm zu viel tragen und hatte im Voraus den benötigten Proviant exakt durchgerechnet. Meinte sie. Dass wir auf diesem Trekking viel mehr Energie als gewöhnlich brauchen würden, hat sie leider nicht einkalkuliert. Resultat ist ein hungriger und zwischenzeitlich entsprechend unausstehlicher Janosch. Fazit: Nächstes Mal lieber einen Riegel mehr einpacken!

Wieder in der Zivilisation, gelangen wir per Autostopp und Taxi zurück zu unserem Büssli und fahren als Erstes in die Garage. Denn: wir haben unsere ersten Autoprobleme! Bereits vor dem Trekking war uns eine Warnleuchte aufgefallen, welche uns aufforderte, die Bremsbeläge zu prüfen. Wir taten dies in einer Garage in Karakol und mussten feststellen, dass die Beläge stark abgenutzt sind und ersetzt werden müssen. Die Garage hätte uns die passenden neuen Pads während unseres Trekkings auftreiben sollen, damit wir diese nur noch montieren und direkt weiterfahren hätten können. Dies mal im Konjunktiv. Denn passiert ist nichts. Erst als wir nach drei Tagen in die Garage zurückkommen und Druck aufsetzen, wird richtig gesucht. Doch passende Pads lassen sich keine finden. Was tun? In vier Tagen müssen wir an der chinesischen Grenze sein. Mit den jetzigen Bremsen über den Torugart-Pass bis nach Kashgar zu fahren, wäre zu gefährlich. Nach längerer Recherche finden wir die passenden Pads im Internet und bestellen diese nach Golmud, in China. Um es überhaupt bis nach China zu schaffen, braucht es Improvisation. Wir diskutieren via «Google translate» mit diversen Mechanikern und entscheiden uns dafür, vorübergehend neue Bremsklötze eines anderen Modells so zu präparieren, dass sie für unseren Crafter passen. Immerhin vorübergehend soll dies die sicherste Lösung sein. Wenn das nur gut kommt!