Spurensuche

Nepal •

Nach einer intensiven Trekkingwoche im Annapurna-Gebirge lassen wir den Himalaya hinter uns und fahren in den Süden Nepals. Mit rasanten 30km/h kurven wir durch endlose Hügellandschaften und erreichen das Terai, die südliche Tiefebene des Landes. Die bewaldeten Hügel weichen fruchtbaren Landwirtschaftsebenen. Eigentlich herrscht im Terai ein subtropisches Klima. Ende Januar aber verharrt das Thermometer auch hier bei 10°C und die Menschen wärmen sich an kleinen Feuern entlang der Strasse. Die Behausungen sind einfach, die Armut teils gross.

Wir machen einen Abstecher nach Lumbini, einer wichtigen Pilgerstätte der Buddhisten. Hier wurde Prinz Siddhartha Gautama (Buddha), der Begründer des Buddhismus, 623 v.Chr. geboren. Heute findet sich an seinem Geburtsort ein sogenannter Friedenspark. Die weitläufige Anlage umfasst rund 64 Pagoden und Tempel, die von diversen Ländern mit praktizierenden Buddhisten erbaut wurden.

Durch die grünen Ebenen fahren wir weiter zum Bardya-Nationalpark, welcher bekannt ist für seine grosse Artenvielfalt. Die wohl berühmtesten Vertreter sind der Bengalische Tiger, das Panzernashorn oder der Asiatische Elefant. Mit Baba, einem lokalen Führer, versuchen wir, diese eindrücklichen Tiere zu Fuss aufzufinden. Ein bisschen mulmig wir uns schon, als uns Baba zu Beginn des Trekking für den Ernstfall je einen Holzstock in die Hand drückt und erklärt, wie wir uns in der Gegenwart eines Tigers oder Nashorns zu verhalten hätten. Den ganzen Tag lang sind wir im Nationalpark unterwegs, laufen entlang von Flussbetten oder quer durch’s Dickicht. Auch wenn wir den Spuren der Wildtiere immer wieder in Form von Fussabdrücken, Kot- oder Kratzspuren begegnen, ein Tiger läuft uns “leider” nicht über den Weg. Wir lernen dennoch unglaublich viel über den Jungel und seine Bewohner. Auch erzählt uns Baba, welcher sich stark für den Schutz des Waldes engagiert, von fragwürdigen Massnahmen der Regierung. Da viele Touristen vor allem wegen der Tiger in die Gegend reisen, soll deren Population massiv gesteigert werden. Dadurch sollen die Chancen für eine Tigersichtung erhöht werden. Was grundsätzlich nicht so verkehrt klingt, schliesslich ist die Raubkatze vom Aussterben bedroht, entpuppt sich als gravierend für das ganze Ökosystem. Da der Axishirsch die Hauptbeute des Tigers ist, wird einseitig deren Vermehrung angekurbelt. Dazu werden im Nationalpark grosse Waldflächen niedergebrannt und in Grasland umgewandelt. Leidtragende sind andere Tiere wie Schlangen, Kleinnager etc., welche den Flammen nicht entfliehen können. Die Artenvielfalt sinkt und die Gesundheit der Tigerpopulation nimmt wegen der hohen Individuendichte ab. Doch die Wirtschaft scheint der Regierung wichtiger zu sein, als effektiver Naturschutz. Zum Glück gibt es Leute wie Baba, welche sich aus vollem Herzen für alle Lebewesen des Jungels einsetzen. Und so sind wir nicht mal enttäuscht, am Ende des Tages keinen Tiger gesichtet zu haben: Das ist eben Natur.