Trekking-Abenteuer

Nepal •

Seit Jahren ist das Programm am 3. Januar, Janosch’s Geburtstag, fix: tagsüber Skifahren, gefolgt von einem gemütlichen Fondue-Abend. Dieses Jahr, in Nepal, ist weder Schnee noch guter Fonduekäse in Sicht. Stattdessen suchen wir uns einen gemütlichen Platz am See bei Pokhara und verbringen einen spielerischen Tag mit Backgammon, Jass und Joker. Ein schönes und gelungenes Alternativprogramm!

Nadines Zahnschmerzen haben sich in den letzten Tagen seit der Wurzelbehandlung wieder verschlimmert. Nach langem Hin und Her und einem Telefon mit Spezialisten in der Schweiz, entscheiden wir uns nochmals zur Zahnärztin in Pokhara zu gehen. Dort werden die Wurzelkanäle nochmals gründlich gereinigt und ein Überbleibsel des entzündeten Nervs gefunden und entfernt, sodass Nadine tags darauf völlig schmerzfrei ist. Das erste Mal seit Monaten! Mit so viel positiver Energie starten wir denn auch gleich ins Trekking rund um das Annapurna Massiv.

In den letzten Jahrzehnten ist der Trekking-Tourismus in Nepal regelrecht explodiert. Entsprechend ist die Infrastruktur gewachsen und was einmal wild und unberührt war, ist mittlerweile gut erschlossen. Auch wurde vor einem knappen Jahr ein Guide-Obligatorium eingeführt - mit dem Hintergedanken, die Wirtschaft weiter anzukurbeln. Glücklicherweise wird dieses noch nicht überall durchgesetzt, sodass wir alleine aufbrechen können.

Der erste Tag beginnt früh am Strassenrand in Pokhara, wo bereits um 7 Uhr lautstark um Passagiere geworben wird. Wir suchen in all dem Gewusel den richtigen Minibus, der kurz darauf mit uns und 21 anderen Passagieren losfährt. Vier Stunden später erreichen wir in Besisahar das Ende der geteerten Strasse, steigen in einen Jeep um und kommen über Holperpisten gegen Abend in Dharapani, dem Ausgangsort unseres Trekkings an. Wir sind nun südöstlich des Annapurna-Massivs, das wir in den nächsten 8 Tagen halbmondartig umlaufen wollen.

Wenn immer möglich, versuchen wir auf den ursprünglichen Trekkingpfaden zu wandern und meiden die neue staubige Strasse. Ab und zu machen wir deswegen ungeplante Umwege, aufgrund von Hangrutschen, Pfaden die nicht auf der Karte zu finden sind oder Brücken die nicht mehr existieren - alles Teil vom Abenteuer😁 WIr sind in der kalten Nebensaison unterwegs und treffen andere Touristen nur abends in Gästehäusern. Ein Wirt erzählt, dass das grössere Dorf Manang in der Hauptsaison bis zu 500 Touristen pro Nacht beherbergt. Momentan teilen wir den Ort mit lediglich 13 weiteren Gästen. Da nimmt man das kühlere Wetter gerne in Kauf.

Ab dem dritten Tag wird die Landschaft unglaublich spektakulär. Auf der anderen Seite des Tals geht es tausende Meter bergauf, direkt bis zu den höchsten Gipfeln der Erde. Spannenderweise fehlt das Gefühl für die Grösse der Berge, man könnte sich gut vorstellen, dass es in einem tiefen Tal im Wallis genauso aussieht. Obwohl hier die Höhendifferenz bis zum Gipfel nochmals gut 3’000 Meter grösser ist.

Der Tagesablauf ist häufig derselbe: um 07:00 gibts Frühstück, kurz darauf wandern wir los, essen unterwegs in einem Teehaus etwas zu Mittag, und kommen bei Dämmerung um 17:00 am nächsten Ort an. Abends sitzen wir jeweils eng um den einzigen Ofen im Haus, und geniessen die Wärme. Denn die Häuser sind nicht isoliert und die Räume entsprechend kalt - ähnlich den Minustemperaturen die draussen herrschen. Gegen 21:00 Uhr verkriechen wir uns im Schlafsack und freuen uns auf einen langen tiefen Schlaf.

Am 10. Januar machen wir einen Abstecher zu einem der höchstgelegen Seen der Welt, dem Tilichosee. Er ist zu dieser Jahreszeit komplett gefroren und entzückt in einem wunderschönen Bergpanorama. Etwas oberhalb, auf ziemlich genau 5’000 müM, erreichen wir am Aussichtspunkt unser Tagesziel. Janosch möchte schnell etwas Essen und nur kurz verweilen, um keine Thermo-Unterwäsche anziehen zu müssen. Nadine besteht jedoch darauf und nach dem MIttag entpuppt sich der wahre Grund dafür. Sie überreicht Janosch einen langen Brief, geht vor ihm auf die Knie und stellt die grosse Frage. Ein wahrhaftig schöner Augenblick für uns beide! Wir verbringen noch lange Zeit am See, tauschen buddhistische Glücksschäle aus und schreiben Wünsche für unsere gemeinsame Zukunft auf tibetische Gebetsfahnen, die wir hier oben aufhängen. Die Thermo-Unterwäsche hat sich bezahlt gemacht😉

Frisch verlobt geht das Trekking weiter und zwei Tage später passieren wir den höchsten Punkt unserer gesamten Reise, den Thorong La Pass, 5’416 müM. Nach dem langsamen Anstieg über die letzte Woche sind wir gut akklimatisiert. Wir spüren zwar, dass wir weniger leistungsstark sind, aber der Puls bleibt im grünen Bereich. Erstaunlich, was eine langsame Akklimatisierung ausmacht. Bei Wochenendtouren in der Schweiz auf 4’000er Gipfel, spürten wir die Höhe jeweils viel stärker.

Am letzten Abend holt uns eine andere Realität Nepals ein: eine Lebensmittelvergiftung. Janosch besetzt die Toilette immer wieder und leert seinen Magen auf alle möglichen Arten. Nach stundenlangen Krämpfen und heftigen Schmerzen ist er froh, irgendwann nach Mitternacht doch noch etwas Schlaf zu finden. Nadine hat sich sehr gut um ihn gekümmert und ist glücklich, nicht selbst betroffen zu sein. Leider vergehen kaum 12 Stunden und es fängt auch bei ihr an. Die Rückfahrt mit dem Bus ist entsprechend quälend und wir freuen uns sehr, nach 12 Tagen wieder im Büssli zu sein und selbst kochen zu können.